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07.08.24
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Arbeitswelt & Karriere

Think positive!

Meeting unter Kollegen.
© GettyImages (William Chua)

In herausfordernden Zeiten ist motivierende Führung besonders wichtig. Den Blick bewusst auf das Positive zu lenken, ist gar nicht so schwer – und schon kleine Veränderungen können viel bewirken.

Schlechte Laune im Team? Dauerstress, Kummer oder sogar Wut während der Arbeit? Laut der jüngsten Gallup-Umfrage „State of the Global Workplace 2024“ sind negative Emotionen im Job weltweit auf dem Vormarsch. In Deutschland blicken laut der regelmäßig durchgeführten Studie aktuell nur noch 45 Prozent der Beschäftigten zufrieden und optimistisch auf ihr Leben, ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr um ganze acht Prozentpunkte. Mehr als 40 Prozent empfinden ihren Berufsalltag dagegen als stressig. 37 Prozent fühlen sich ausgebrannt und fast jeder oder jede fünfte ist im Job sogar täglich traurig oder wütend.

Nicht nur die Motivation und die Gesundheit der Betroffenen leiden unter negativer Stimmung am Arbeitsplatz, sondern auch die globale Wirtschaft. Die Analysten von Gallup schätzen, dass Unternehmen weltweit fast neun Billionen US-Dollar mehr erwirtschaften könnten, wenn es ihnen gelänge, ein positiveres Arbeitsklima zu schaffen und so das Engagement ihrer Mitarbeitenden zu verbessern.

Eine Frage der Führung

Für die Autoren der Studie ganz klar eine Führungsaufgabe: Managerinnen und Managern kommt bei der Motivation ihrer Teams eine entscheidende Rolle zu – gleichzeitig sind sie angesichts der zahlreichen Herausforderungen und Risiken auf ihrer Agenda selbst in besonderem Maße von demotivierenden Erlebnissen und Gefühlen betroffen. Laut Gallup fühlt sich jede vierte Führungskraft oft oder sogar permanent ausgebrannt, rund zwei Drittel immerhin manchmal.

In dieser Situation mit positivem Beispiel voranzugehen und andere zu ermutigen, fällt vielen schwer. Zwar würden Führungskräfte durchaus versuchen, die negativen Gedanken und den Stress im Team zu adressieren, doch oft auf die falsche Weise, warnt CEO Jon Clifton im Vorwort des Gallup-Reports. So seien beispielsweise Wellbeing Apps oder Stress Management Trainings als isolierte Maßnahme wirkungslos, wenn Mitarbeitenden gleichzeitig die Ressourcen und Freiräume fehlen, um ihre Arbeit effizient zu erledigen. „Dieses Problem lässt sich nicht mit einer Yoga-Matte lösen“, so Clifton. Stattdessen müsse man bei der Art und Weise ansetzen, wie Menschen in der Organisation geführt werden.

Auf der Suche nach nachhaltigeren Verbesserungen rät Dorothee B. Salchow Führungskräften, sich die Erkenntnisse der Positiven Psychologie zunutze zu machen: „Positive Emotionen machen uns kreativer und lösungsorientierter“, sagt die Hamburger Expertin für Positive Psychologie. Salchow ist Trainerin bei der Deutschen Gesellschaft für Positive Psychologie DGPP in Berlin und hat eine akademische Weiterbildung auf diesem Fachgebiet an der Deutschen Hochschule für Sport und Gesundheit absolviert. Neben ihrer Tätigkeit als Rechtsanwältin und Mediatorin unterstützt sie Führungskräfte aus unterschiedlichsten Branchen und Unternehmen dabei, zentrale Ergebnisse des jungen Forschungsgebiets praktisch anzuwenden, um positive Veränderungen anzustoßen.

Stärken stärken

Kennzeichnend für die Positive Psychologie ist die Konzentration auf Stärken und positive Aspekte des Daseins. Damit (siehe auch Kasten) bildet sie eine positive Ergänzung zur klinischen Psychologie, die sich tendenziell eher auf Probleme und Störungen konzentriert. Es gehe jedoch keineswegs darum, Probleme zu verharmlosen, schön zu reden oder übertriebenen Optimismus zu versprühen, stellt Dorothee Salchow klar. „Schwierige Zeiten oder harte Einschnitte lassen sich nicht einfach wegdenken“, sagt sie. Führungskräfte könnten jedoch eine Kultur der Sicherheit schaffen und die Menschen in ihrem Team mitnehmen.

Wie gut das gelinge, sei nicht zuletzt eine Frage der inneren Haltung. Ähnlich wie die klinische Psychologie sei auch der Unternehmensalltag oft einseitig auf negative Aspekte ausgerichtet – laut Salchow eine Altlast der Evolution. „Die Negativitätsverzerrung hat unseren Vorfahren jahrtausendelang das Überleben gesichert“, sagt sie. Um in der modernen Berufswelt Mitarbeitende zu Topleistungen zu motivieren, sei der erlernte Fokus auf Mängel, Defizite und lauernde Gefahren allerdings nicht nur in Krisenzeiten kontraproduktiv.

Dorothee B. Salchow

Dorothee B. Salchow, Rechtsanwältin, Mediatorin und Trainerin bei der Deutschen Gesellschaft für Positive Psychologie in Berlin. © Pati Glass Fotografie

Positive Perspektive

Stattdessen empfiehlt die Trainerin bei akuten Krisen den Perspektivwechsel. Eine Methode aus der Positiven Psychologie lautet „PIIP – Put it in perspektive“. Sorgen und Belastungen, die beispielsweise aus dem Fachkräftemangel, verfehlten Umsatzzielen, bedrohten Geschäftsmodellen, politischen Vorgaben oder disruptiven Technologien resultieren, könnte man oft besser begegnen, wenn man diese aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachte. Führungskräfte könnten beispielsweise gemeinsam mit ihrem Team verschiedene Szenarien gedanklich durchspielen: Was könnte schlimmstenfalls geschehen? Welches Szenario ist am wahrscheinlichsten? Und welche Entwicklung wäre am besten für uns? Chancen und Risiken richtig einzuordnen, helfe bereits bei der Suche nach möglichen Lösungen und konkreten Ansatzpunkten, weiß Dorothee Salchow.

Die Betonung von Schwächen verringere nicht nur die individuelle Leistung, sondern wirke auch zwangsläufig demotivierend: „Wer Spitzenergebnisse erzielen möchte, muss bei den Stärken ansetzen“, sagt Salchow. Menschen in dem zu bestärken, was sie gut können, sei ein zentrales Anliegen der Positiven Psychologie. Durch Fragen wie: „Was macht mich bei meiner Arbeit besonders stolz?“ oder „Auf welche Aufgaben freue ich mich am meisten?“ könnten Führungskräfte Mitarbeitenden dabei helfen, sich ihrer Fähigkeiten bewusst zu werden.

Als ersten Schritt empfiehlt die Trainerin Führungskräften deshalb oft, sich ein Stärken-Vokabular anzueignen, beispielsweise das CliftonStrength Assessment von Gallup oder das in der Positiven Psychologie verwendete Values in Action Inventory of Strengths VIA. Das VIA-Modell arbeitet mit 24 Chararakterstärken, die sechs Tugenden zugeordnet werden. Zur Tugend Weisheit gehören beispielsweise die Stärken Neugier, Kreativität und Lernfreude. Teamwork, Fairness und Leadership sind dagegen Stärken der Tugend Gerechtigkeit. „Ein Stärken-Vokabular zu nutzen, kostet weder Zeit noch Geld, hat aber bereits einen großen Effekt“, sagt sie. Denn nicht nur Mitarbeitende sind zufriedener und engagierter, wenn ihre Stärken und Talente gesehen und sie entsprechend eingesetzt werden. Auch als Führungskraft helfe es, sich regelmäßig darauf zu besinnen, was das eigene Ich stärker macht.

Positiv führen mit der Glücksformel

Der Begriff Positive Psychologie wurde 1954 von dem US-amerikanischen Psychologen Abraham Maslow eingeführt, in den 90er-Jahren griff der US-amerikanische Psychologe Martin Seligman das Konzept auf. Im Gegensatz zur traditionell eher defizitorientierten klinischen Psychologie befasst sich die Positive Psychologie mit den positiven Aspekten des Menschseins. Seligman beschreibt in seiner Theorie des Wohlbefindens fünf Faktoren – die „Glücksformel“ PERMA – für ein gutes Leben.

  • P Positive Emotions: das bewusste Erleben von Glücksmomenten
  • E Engagement: das Nutzen der eigenen Stärken im beruflichen und privaten Alltag
  • R Relationship: das Pflegen guter, vertrauensvoller und belastbarer Beziehungen
  • M Meaning: den Sinn und die Bedeutung seines Handelns und Daseins zu kennen und zu realisieren
  • A Accomplishment: das Erreichen selbst gesteckter Ziele und persönliche Erfolgserlebnisse

Für Personalverantwortliche ist es hilfreich, sich die Frage zu stellen: Wie unterstütze ich meine Mitarbeitenden dabei, ihre individuellen PERMA-Faktoren im Arbeitsleben zu erkennen und zu steigern?

 

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