Klein, aber vielfältig
Viele positive Eigenschaften werden diversen Teams zugeschrieben: Sie gelten als resilienter, flexibler, weltoffener, innovativer, kurz: erfolgreicher als homogen zusammengesetzte Belegschaften. Michaela Jaap von Hays kennt noch einen weiteren Grund, warum es sich für Unternehmen lohnt, auf Diversität zu setzen: „Vielfalt zieht Vielfalt an“, hat die Head of Corporate Culture & Responsibility beobachtet. Divers zusammengesetzte Teams erzeugen ihr zufolge einen magnetischen Sog auf neue Bewerberinnen und Bewerber, die in Zeiten des Fachkräftemangels die Wahl haben, welches Unternehmen am besten zu ihnen und ihren Werten passt. Gerade kleine und mittlere Unternehmen (KMU) trifft der Fachkräftemangel noch härter als große Konzerne, die Topgehälter und Karrieremöglichkeiten bieten können. „Deshalb ist es für KMU besonders wichtig, ganz unterschiedliche Menschen zu finden und dann auch zu binden – sei es in Hinblick auf ihr Alter, ihre Herkunft, ihre Weltanschauung oder andere Dimensionen“, so Michaela Jaap.
Unternehmenskultur der Offenheit und Toleranz vorleben
Doch sie weiß auch: Ehe die Magnetwirkung der Diversität einsetzt, muss intern in Vielfalt investiert werden. Dafür haben die meisten KMU keine Extra-Kapazitäten – aber die sind auch gar nicht zwingend notwendig. „Entscheidend, um vielfältiger zu werden, ist eine Führungsetage, die Offenheit, Toleranz und neue Ideen vorlebt“, sagt Michaela Jaap.
Das kann Elke Wenzel von der Münchener F&E Managementberatung 3DSE bestätigen. Vor rund fünf Jahren hat ihr Unternehmen den Weg hin zu mehr Vielfalt eingeschlagen. „Am wichtigsten ist es, von Anfang an die Führungsebene mitzunehmen. Wenn die dahintersteht, kann man etwas bewegen“, sagt die HR-Managerin, die auch das Thema Diversity vorantreibt und mitverantwortet. 50 Beschäftigte arbeiten an den 3DSE-Standorten München, Wien und Chicago. Als hochspezialisierte technische Beratung für Forschungs- und Entwicklungsthemen mit starkem Fokus auf den deutschsprachigen Raum war man lange – wie viele andere Beratungsunternehmen im technischen Umfeld – sehr an deutsche, männliche Mitarbeiter gewöhnt. Gerade die Aerospace-Branche, in der 3DSE auch aktiv ist, ist jedoch sehr international. Der Wunsch nach mehr Vielfalt sei daher auch von Kundenseite an sie herangetragen worden, erzählt Elke Wenzel. 2019 hat ihr Unternehmen Diversity als „zentralen Stellhebel von strategischer Wichtigkeit“ in die Unternehmensstrategie mitaufgenommen und in den 3DSE-Führungskräfteleitlinien verankert. 2022 hat 3DSE die Charta der Vielfalt unterzeichnet.
Welche Maßnahmen konkret ergriffen werden, wird auch mit den Mitarbeitenden diskutiert. „Wir machen immer wieder Trainings, Diskussionsrunden und Befragungen zu Diversity. Schon mehrfach haben wir Feedback bekommen, dass das Team schon viel heterogener geworden sei und andere Meinungen und Sichtweisen mehr geschätzt werden“, so Elke Wenzel.
Das Diversity-Rad veranschaulicht die sieben
Kern-Dimensionen von Vielfalt
Aber was genau macht ein vielfältiges Unternehmen aus? Eine feste Formel dafür gibt es nicht. Orientierung geben die sieben Kern-Dimensionen von Vielfalt, die das sogenannte Diversity-Rad veranschaulicht – gemeint sind damit nahezu unveränderbare Eigenschaften einer Person wie Alter, geschlechtliche Identität, ethnische und soziale Herkunft, sexuelle Orientierung, Religion sowie körperliche und geistige Fähigkeiten. „Diese Kern-Dimensionen sollte man schon alle berücksichtigen, rät Michaela Jaap von Hays. Wo Prioritäten gesetzt werden, ist dann die individuelle Entscheidung jeder Organisation. Wichtig dabei ist, in welchem Marktumfeld ein Unternehmen arbeitet. „Um die Herausforderungen eines globalen Marktes zu verstehen, reicht es nicht, ausschließlich mit weißen Deutschen über 50 Jahren zu arbeiten“, nennt Michaela Jaap ein Beispiel. „Optimalerweise ist ein Unternehmen so divers, dass es die Zielgruppe und den Markt widerspiegelt.“
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©Diversity Rad: Charta der Vielfalt e.V. / Abbildung frei nach Gardenswartz und Rowe: "4 Layers of Diversity"
Die Charta der Vielfalt setzt sich für Diversity ein
Zu Beginn jeder Diversity-Reise sollte daher unabhängig von der Unternehmensgröße eine Analyse der Ist-Situation stehen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wo angesetzt werden sollte. Rafael Cruces, Verantwortlicher für Diversity, Equity und Inclusion (DE&I) bei McDonald’s Deutschland, rät außerdem dazu, explizit zu definieren, warum man sich als Unternehmen mit Diversity befassen möchte: „Was ist der Treiber und was ist das Ziel?“, sind zwei mögliche Leitfragen. Im Vorstand der Charta der Vielfalt, dem er seit 2023 angehört, will Rafael Cruces speziell Filialbetrieben und Franchise-Nehmenden eine Stimme geben, deren Situation sich von den „normalen“ KMU unterscheidet – auch was Diversity betrifft So wird zum Beispiel in Franchise-Systemen oft ein Diversity-„Grundgerüst“ in Form von Strategie, Trainings oder Netzwerk zentral angeboten oder gemeinsam entwickelt – ein Service, den sich andere kleinere Betriebe in Eigenregie erarbeiten müssen. Gleichzeitig, so Rafael Cruces, sei der zentrale Weg nicht immer eins zu eins regional umsetzbar und bedarf einer individuellen Vorgehensweise. „Wir sagen daher auch aus Konzernperspektive bezogen auf DE&I: Think global and act local.“
Audit, Diversity-Tage oder mehr Inklusion – vielfältige Maßnahmen sind denkbar
„Wer kann sich mit dem Thema identifizieren und es im Sinne der Unternehmung treiben? Mit welchen Ressourcen und welchem Gestaltungsspielraum möchte man die Person oder das Team ausstatten? Gibt es ein Mitglied der oberen Führungsebene, welches für das Thema stehen will?“ Wer diese Fragen für sein Unternehmen beantwortet hat, kann Rafael Cruces zufolge beginnen, eine Strategie und erste Handlungsschritte und Meilensteine festzulegen.
Vom Self-Assessment über Diversity-Tage bis hin zur verstärkten Inklusion von Menschen mit Behinderung sind vielfältige Maßnahmen denkbar – viele davon sind ganz unkompliziert umzusetzen. Für die Wahl der passenden Vorgehensweise gibt Rafael Cruces zu bedenken: „Wichtiger als einen Sprint hinzulegen ist es, hier nachhaltig vorzugehen. Es erfordert auch Mut, sich dem Thema DE&I zu stellen und dann vielleicht zu merken, dass man in der Vergangenheit Fehler gemacht hat. Aber ich bin mir sicher, diese werden verziehen, wenn die Geschäftsleitung es ehrlich meint, Fortschritte erzielt werden und sich etwas bewegt.“
Kleine Maßnahmen bewegen viel
„Man muss ausprobieren und lernt dazu, was sinnvoll für die eigene Unternehmenskultur und Unternehmensgröße ist“, sagt auch Elke Wenzel. Das Wichtigste, um langfristig strukturelle Änderungen zu bewirken, sind ihr zufolge sensibilisierte Mitarbeitende und eine Unternehmenskultur, in der alle sie selbst sein können und niemand sich verstellen muss. „Um den Unterschied zu machen, reichen zum Teil schon Mini-Maßnahmen“, so die HR-Managerin. Wie zum Beispiel die Einladung zur Firmenfeier, auf der auf Wunsch der Mitarbeitenden „+1“ steht, statt „mit Partner oder Partnerin – sodass niemand gezwungen ist, sich zu outen. Nicht zu spät sollten außerdem KPIs für Diversity eingeführt werden, rät Elke Wenzel. Denn nur so können Ziele fokussiert und Fortschritte in Sachen Vielfalt gefeiert werden.
Diversity from scratch – 10 Tipps für den Start
- Strategie festlegen: Vielfalt ist kein Selbstzweck. Entwickeln Sie eine Diversity-Strategie passend zu Ihren Zielen, z. B. Fachkräftebedarf sichern oder Wachstum generieren.
- Schlüsselpersonen überzeugen: Eine Diversity-Strategie kann nur wirken, wenn das ganze Unternehmen dahintersteht – eine besondere Vorbildfunktion hat die Führungsetage.
- Gemeinsames Verständnis schaffen: Schulungen können für ein einheitliches Verständnis von Vielfalt sorgen und Widerstände abbauen.
- Diversity als Unternehmenswert verankern: Wer Vielfalt als Wert und strategisches Ziel festschreibt, sendet ein starkes Signal nach innen und außen. Ein externes Audit kann die diversitätsfreundliche Kultur zusätzlich untermauern.
- Status quo analysieren: Inwiefern wird Vielfalt bereits erkannt, wertgeschätzt und genutzt? Wo gibt es noch (unbewusste) Barrieren?
- Diversity umsetzen: Konkrete Maßnahmen machen die vorurteilsfreie, wertschätzende Organisationskultur für alle erfahrbar. Die Optionen reichen vom Diversity-Tag über Awareness-Trainings bis zur Erhöhung der Frauenquote im Vorstand oder einer verstärkten Inklusion von Mitarbeitenden mit Behinderung.
- Verantwortlichkeiten festlegen: Wird eine eigene Stelle für Diversity Management geschaffen? Oder betreut jemand das Thema mit? Dann benötigt diese Person ein ausreichendes finanzielles und zeitliches Budget sowie Gestaltungsspielraum.
- Diversity in die Teams tragen: Mithilfe von Arbeitsgruppen oder Netzwerken wird Vielfalt zum Teil der Unternehmenskultur.
- Ziele setzen und Fortschritt messen: Die Mitarbeitendenzufriedenheit und die Fluktuationsquote sind hilfreiche Indikatoren, um das Diversity Management zu bewerten.
- Erfolge feiern: Ist ein wichtiger Meilenstein erreicht? Dann hoch die Tassen! Mehr Vielfalt ist immer ein guter Grund zum Feiern!
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